Messi mit dem FC Barcelona im Halbfinale

  17 April 2019    Gelesen: 1104
Messi mit dem FC Barcelona im Halbfinale

Lionel Messi trabt manchmal wie ein Altherrenfußballer über den Platz. Sekunden später schießt er Manchester United aus der Champions League. Der FC Barcelona hofft auf weitere geniale Momente.

Im Camp Nou lief die 69. Minute, das Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester United war beim Stand von 3:0 längst entschieden, da jubelten viele der 96.708 Zuschauer unabhängig vom Geschehen auf dem Rasen. Die Nachricht vom 2:1-Führungstreffer von Ajax Amsterdam bei Juventus verbreitete sich auf den Tribünen und das passte zur Stimmung in Barcelona. Die zweite große Liebe von Barça-Legende Johan Cruyff schickte sich an, die hier nicht allzu beliebten Turiner aus dem Wettbewerb zu werfen. Und damit auch Cristiano Ronaldo, den langjährigen Rivalen von Lionel Messi.

Messi und Ronaldo, die besten Fußballer ihrer Generation, werden somit erstmals seit vielen Jahren nicht in einem direkten Duell aufeinandertreffen. Nur das wäre für die Barcelona-Fans vermutlich noch schöner gewesen: Wenn ihr Idol den von Real Madrid zu Juventus gewechselten Ronaldo im Finale der Champions League hätte schlagen können. Nun steht Barça erstmal im Halbfinale, nach vier Jahren Pause, und trifft auf den Sieger des Spiels zwischen dem FC Liverpool und dem FC Porto (Hinspiel: 2:0) am Abend (21 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE). Und Messi beendete seine seit 2014 bestehende torlose Zeit in Viertelfinalspielen der Königsklasse.

Dabei muss die Frage erlaubt sein, warum Messi gerade jetzt, wieder Barcelonas Fixpunkt in den wichtigen Spielen ist; im Alter von 31, kurz vor der Zielgerade seiner Karriere, nach Jahren mit unbestritten großer individueller Klasse, aber auf ganz großer Fußballbühne eben zuletzt im Schatten von Ronaldo stehend. Haben sich die Chancen auf Barcelonas insgesamt sechsten Triumph in der Champions League trotz oder vielleicht sogar wegen Messis Spielweise verbessert?

Der Argentinier hat eine Sonderrolle in der Mannschaft, die auch kurz vor dem Gewinn der spanischen Meisterschaft und im Pokalfinale steht. Das geht schon beim Aufwärmprogramm los. Messi spielte sich vor dem Rückspiel gegen United zunächst ein paar lange Bälle mit Luis Suárez zu, die Pässe wurden immer kürzer und dann ging es schon zum Torschuss. Wie in einer Altherrenmannschaft, in der sich nur die Kämpfer und Läufer vernünftig aufwärmen und die Künstler den Ball hochhalten.

Als Schiedsrichter Felix Brych das Viertelfinale dann wenig später freigab, machte Messi häufig nicht den Eindruck, im Wettkampfmodus zu sein. Er trabte, er stand, stützte seine Hände auf die Knie, blieb im Abseits stehen, manchmal machte er sogar Wege mit nach hinten, eher als Alibi. Messi ist der Schleicher von Barcelona, der so teilnahmslos wirken kann wie ein Raubtier nach einer üppigen Mahlzeit.

Doch wenn der Hunger zurückkommt, kehrt blitzschnell die Agilität der Raubkatzen zurück. So ist es auch bei Messi, der nach Jahren der verfrühten Champions-League-Knockouts und dem Achtelfinal-Aus mit Argentinien (gegen den späteren Weltmeister Frankreich) bei der WM 2018 in Russland noch mehr Wert auf die besonderen Momente legt. Gegen Manchester waren das natürlich seine beiden Treffer (16. Minute/20.), er war aber auch an fast allen anderen gefährlichen Offensivaktionen beteiligt und hätte noch mehr Tore erzielen können. Wenn Messi den Arm hebt, bekommt er den Ball. Wenn er nicht in einen Angriff involviert ist, zirkuliert der Ball meist so lange, bis Messi doch dabei ist. Und er enttäuscht seine Mitspieler nicht - bisher kommt er auf 45 Tore in 42 Pflichtspielen dieser Saison.

Zur Erzählung dieser Spielzeit in der Champions League gehört aber auch, dass Barcelona trotzdem nicht automatisch der unumstrittene Topfavorit ist. Das liegt vor allem daran, dass sich das Team von Trainer Ernesto Valverde immer wieder mal Phasen gönnt, in denen die Defensive sehr anfällig wirkt. In der Primera División haben das die Spiele gegen Girona (2:2), Betis Sevilla (3:4) oder jüngst gegen Villarreal (4:4) gezeigt, aber insbesondere gegen Manchester hätte es bei einem stärkeren Gegner auch gefährlicher für Barcelona werden können.

Im Hinspiel (1:0) hatte Barça nach der frühen Führung erstaunlich passiv gewirkt, im Rückspiel hätte United die eigene starke Anfangsphase mit dem wichtigen Auswärtstor krönen können. "In den ersten fünf Minuten waren wir kalt und nervös", sagte Messi nach dem 3:0-Erfolg und erinnerte sich an die vergangene Saison, als man in Rom auch wegen eines frühen Gegentors ausschied. "Wir wissen, dass wir so kein Champions-League-Spiel beginnen dürfen."

Valverde musste sich dann auch zuerst zur schläfrigen Anfangsphase äußern, ehe er zum Matchwinner befragt wurde. Der Trainer weiß, was möglich ist: "Wir werden uns nicht entschuldigen, dass wir Messi haben."

FC Barcelona - Manchester United 3:0 (2:0) 
1:0 Messi (16.) 
2:0 Messi (20.) 
3:0 Coutinho (62.) 
Barcelona: Ter Stegen - Roberto (70. Semedo), Piqué, Lenglet, Alba - Rakitic, Busquets, Arthur (75. Vidal) - Messi, Suárez, Coutinho (81. Dembélé) 
Manchester: De Gea - Lindelöf, Smalling, Jones, Young - McTominay, Fred, Pogba - Lingard (80. Sanchez) - Rashford (73. Lukaku), Martial (65. Dalot) 
Gelbe Karten: Suárez 
Schiedsrichter: Felix Brych 
Zuschauer: 96.708

spiegel


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